Der Weg raus aus der Sucht
Geschätzt gehen Fachleute von bis zu 1,9 Millionen Menschen in Deutschland aus, die medikamentenabhängig sind. Von den jährlich rund 500 Patientinnen und Patienten sind zwischen 1,6% und 0,3% aufgrund einer Medikamentenabhängigkeit bzw. Medikamentensucht bei uns in der Klinik in Therapie. Weitere 25% der Patientinnen und Patienten sind aufgrund einer Medikamentenabhängigkeit von mehreren Substanzen, häufig einer Kombination aus Alkohol- und Medikamentenkonsum, bei uns in der Klinik.
Die folgenden Inhalte sollen einen Einblick geben, aus welchen Gründen sich eine Medikamentensucht entwickeln kann, welche Anzeichen wahrgenommen werden können und wie wir Sie mit einer stationären Therapie in unserer Klinik auf dem Weg zum Ende der Medikamentenabhängigkeit unterstützen.
Einstieg in die Medikamentenabhängigkeit
Wir kennen alle diese Situationen: Die Schmerztablette bei Kopf- oder Rückenschmerzen, das Schlafmittel bei Schlafstörungen oder zur Beruhigung. Im akuten Zustand verschaffen sie uns Linderung der Beschwerden und Symptome. Es ist einfach zu verlockend: Ich kann wieder ruhiger schlafen, bin nicht mehr so angespannt oder leistungsfähiger.
Klar ist: Die Einnahme sollte keine Dauerlösung und nur im Notfall passieren. Schon nach zwei Wochen beginnt der eigene Körper, sich an das Medikament zu gewöhnen. Unbemerkt kann schleichend das Problem einer (beginnenden) Abhängigkeit entstehen. Quasi eine Abhängigkeit auf Rezept.

Symptome einer Medikamentenabhängigkeit
Der Prozess hin zu einer manifestierten Medikamentensucht, die einer Therapie bedarf, setzt schleichend und meist unbemerkt ein. Er beginnt mit einem verordneten Medikament des behandelnden Arztes oder Ärztin. Durch die ärztliche Verordnung rücken Risiken und Probleme mit der Einnahme kaum ins Bewusstsein. Werden die Medikamente in der Folge über einen längeren Zeitraum eingenommen und eigenständig höher dosiert, kann sich bereits ein schädlicher Gebrauch bzw. ein Missbrauch ausbilden – die Vorstufe und der erste Schritt zur Entwicklung einer Medikamentenabhängigkeit.
Erste Symptome der Medikamentenabhängigkeit
Frei verkäufliche Schmerzmittel sollten Sie beispielsweise nicht länger als drei Tage hintereinander und nicht öfter als zehnmal im Monat verwenden. Eine psychische Abhängigkeit von einem Medikament erkennen Sie unter anderem an folgenden Symptomen:
- Sie verspüren ein unstillbares Verlangen, das Medikament zu konsumieren.
- Sie nehmen das Medikament ein, um belastende Situationen zu meistern oder um unangenehme innere Zustände zu bekämpfen, z. B. psychische Spannungszustände.
- Sie haben ohne Erfolg versucht, das Medikament seltener einzunehmen oder die Dosis zu verringern.
- Sie vernachlässigen soziale Beziehungen, Hobbies oder berufliche Aktivitäten wegen Ihres Medikamentenkonsums.
Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, wenn Sie Anzeichen einer Abhängigkeit bei sich bemerken. Setzen Sie ein Medikament aber keinesfalls ohne ärztlichen Rat ab. Sind Sie nämlich bereits körperlich abhängig – beispielsweise von Benzodiazepinen oder Opioiden – kann das sogar zu lebensbedrohlichen Zuständen führen.
Körperliche Entzugssymptome einer Medikamentenabhängigkeit
Die körperlichen Entzugssymptome unterscheiden sich je nach Medikamentenart. Häufige Symptome sind:
- Schwitzen
- Zittern
- Krämpfe und Krampfanfälle
- Starke Schmerzen
- Übelkeit und Erbrechen
Welche Medikamente machen süchtig?
Tatsächlich weisen 4 – 5 % der verordneten Medikamente in Deutschland ein eigenes Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial auf. Folgende Medikamentengruppen sind besonders häufig betroffen:
- Schlafmittel
- Beruhigungsmittel (Sedativa)
- Schmerzmittel
Insbesondere die Benzodiazepine und die Z-Substanzen, wie Zolpidem, Zopiclon und Zaleplon, besitzen mit das höchste Suchtpotenzial. Schon geringe Mengen können über kurze Zeit in einem Missbrauch bis hin zur Medikamentenabhängigkeit enden: Eine Therapie ist dann unumgänglich.
Medikamentenabhängigkeit Therapie: Entwöhnungsbehandlung
Was Sie bei uns erwartet
Wir begleiten und unterstützen Sie bei Ihrer stationären Therapie Ihrer Medikamentenabhängigkeit in unterschiedlicher Form, an unterschiedlicher Stelle.
Sie durchlaufen bei uns Ihren Klinikalltag in der Gemeinschaft einer festen Bezugsgruppe von Mitpatienten. Die Basisbausteine unseres Angebots stellen dabei die Gruppentherapie, Ergotherapie und Sporttherapie dar. Ergänzt werden diese Therapien mit individuell angepassten Angeboten aus dem umfangreichen Indikativgruppenangebot wie z.B. Rückfallprophylaxe und Umgang mit Angst und Anspannung sowie Einzeltherapien.
Gruppentherapie
In der Gruppentherapie profitieren Sie vom Austausch mit den anderen Betroffenen. Über den gemeinsamen Blick auf die individuellen Themen können Erfahrungen ausgetauscht, neue Perspektiven gewonnen und neue Strategien im Umgang mit Problemen und Herausforderungen – alternativ zum Suchtmittel – entwickelt und geübt werden. Ebenso wird dabei für den Einzelnen deutlich, wie er mit sich selbst und anderen umgeht. Themen wie Selbstwertproblematik, Konfliktfähigkeit, aber auch Teamfähigkeit werden thematisiert. Häufig treten in der Gemeinschaft mit den Mitpatienten ähnliche Themen/ Probleme auf wie im häuslichen Kontext z.B. in Paarbeziehungen, Herkunftsfamilien oder auch am Arbeitsplatz. Unsere Therapeuten der Therapie zur Medikamentenabhängigkeit stehen bei der Bewusstwerdung solcher Wiederholungen verdeutlichend zur Seite und unterstützen Sie bei der Suche nach Lösungen. Der Gruppenkontext bietet die Gelegenheit sich auszutesten und Neues zu erproben, wie bspw. seine eigene Meinung zu vertreten, sich abzugrenzen oder in die Gemeinschaft einzufügen.
Ergotherapie
Die Ergotherapie setzt sich zusammen aus Kreativ- und Arbeitstherapie. Hier kann die allgemeine körperliche und psychische Leistungsfähigkeit, aber auch die Fähigkeit zur Einhaltung von Arbeitsstrukturen und Absprachen oder das Verantwortungsbewusstsein verdeutlich, erprobt und verbessert werden. Ergänzend besteht über die Kreativtherapie die Möglichkeit, sich non-verbal auszudrücken und zu bearbeiten, was Sie innerlich bewusst und unbewusst beschäftigt. Gleichzeitig kann aber auch ausprobiert werden, was Ihnen gut tut und Spaß macht. Möglicherweise wird Ihnen ein Zugang zur eigenen Kreativität ermöglicht.
Sport- und Bewegungstherapie
Um die eigene körperliche Leistungsfähigkeit zu verbessern, aber auch um einen möglichst angstfreien Zugang zu verschiedenen Formen der körperlichen Betätigung zu bekommen, geht es in der Sport- und Bewegungstherapie. Zudem tut Bewegung nachweislich der körperlichen und psychischen Gesundheit gut und hat einen positiven Effekt auf die Genesung bei psychischen Erkrankungen wie einer Medikamentensucht. In unserer Klinik gilt: Behandlung bei Medikamentenabhängigkeit ist möglich.