3. August 2023 

Keine Scheu, über Krebs darf man sprechen

Plötzlich war sie da. Die Diagnose Brustkrebs. Und plötzlich fühlte sich die Welt von Iris U. wie ein Traum an. Ein Albtraum, indem sie die Hauptrolle spielt. Wie ist das passiert? Wie ist es so weit gekommen? Holt mich bitte wer aus diesem Albtraum?
Dabei fing bei Iris U. alles ganz harmlos an …

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Wie ein Bonusprogramm ein Leben verändern kann

Kennen sie das Bonusprogramm ihrer Krankenkasse? Diese Frage kann Iris U. nur mit ja beantworten. Sie achtet stets sehr gut auf sich und ihre Gesundheit. „Ich halte mich fleißig an alle Vorsorgemaßnahmen und lasse mir diese im Bonusprogramm prämieren. So war für mich auch klar, dass ich nach meinem 50. Geburtstag einen Termin zum Mammographie Screening vereinbaren werde.“ Gesagt getan. Doch bis das Screening-Mobil in Iris U. kleines Heimatstädchen eintraf, hatte sie schon eigenständig einen Termin für den 8. Oktober 2022 im Mammographie-Screening-Zentrum Bonn gemacht.

„Ich gebe zu: meine Gedanken waren eher bei der Krankenkassen-Prämie als beim Thema Brustkrebs.“ Der Gedankenwechsel kam schnell, als sie zu einem Folgetermin erneut ins Mammographie-Zentrum eingeladen wurde. Zwei Bilder. Iris U. traute ihren Augen nicht. Zwei unterschiedliche Bilder auf dem Monitor des Arztes, die ihre Gefühlswelt ins Wanken brachten. Die linke Brust sah gut aus. Die rechte Brust hatte Zysten. Zysten? Dabei habe ich doch gar nichts gespürt? Eine Stanzbiopsie der Brust sollte Klarheit bringen.

Wie fühlt sich Unaufgeklärtheit an? 

Diagnose: hormonbedingter Brustkrebs, 7mm groß mit einer Wucherungsrate von 85 Prozent. Das war eine Ansage, die schockt. Der Schock saß bei Iris U. tief, da war aber noch etwas anderes. Eine plötzliche Leere in ihr. Eine Leere, die sich nicht in Worten beschreiben lässt.

Es nützt nichts, es muss weitergehen. Glücklicherweise ging es jetzt sehr schnell. 17 Tage später fand sie sich auf dem OP-Tisch des Brustzentrums Köln-Holweide wieder. Freitags wurde sie operiert und sonntags schon wieder entlassen. Kleiner Tumor und brusterhaltende OP. So kann es gut laufen. Bis zum OP-Nachgespräch konnte diese Positivität bei Iris U. auch anhalten.

„Das Nachgespräch hat mir allerdings den Boden unter den Füßen weggezogen. Meine Positivität, die mich bisher durch die Diagnosestellung und OP begleitet hat, verschwand von einer Sekunde auf die andere.“ Was war der Grund? Die weitere Krebstherapie sah vor, dass man im nächsten Schritt einen Port für die Chemotherapie setzt. An die Chemo anschließen sollte sich dann die Bestrahlung. Chemo? Keiner sprach im Vorfeld von einer Chemotherapie. In diesem Moment fühlte Iris U., was Unaufgeklärtheit mit einem anstellt. „Man fühlt sich verunsichert, unsicher in allem, was man denkt, was man sagt oder tut. Im Endeffekt kann bei einer Krebserkrankung alles, wirklich alles passieren und man muss mit allem rechnen. Mir fiel das sehr schwer: denn mein Glas ist eigentlich nie halb leer, sondern immer dreiviertel voll“, blickt Iris U. auf die Zeit zurück.  

Wie leidig können Chemotherapie und Bestrahlung sein?

Trotz kleinen mentalen Einbruchs startete Iris U. am 15. Dezember ihre Chemotherapie. Ein halbes Jahr hat sie vor sich. Nur Mut. Schritt für Schritt durch jede einzelne Chemotherapie-Einheit. Vier Einheiten später und sie hat einen großen Teil der Therapie geschafft. Heißhunger, Haarausfall und Geschmacksverlust waren klare Nebenwirkungen, die nicht schön waren mit denen Iris U. aber auskam. „Ein Tag vor meiner zweiten Sitzung bat ich meinen Mann, mir die Haare abzurasieren. Denn jetzt hatte ich die Entscheidungsgewalt. Und jetzt habe ich für mein Leben entschieden. Der erste Anblick im Spiegel war zwar seltsam, schwieriger für meinen Mann, aber die Glatze half mir, aus meiner Erkrankung und Therapie kein Tabu zu machen und mit Offenheit und Ehrlichkeit durchs Leben zu gehen. Ich wollte keine Perücke. Meine 20 verschiedenen Mützen zu Hause haben mir gut gefallen.“ Bei der fünften Sitzung wechselte die chemische Substanz. „Paclitaxel“ wird Iris U. so schnell nicht vergessen.

Schon die erste Einheit brachte sie ins Krankenhaus. Müdigkeit, Husten und Atemnot waren so schlimm, dass Iris U. ihre Chemotherapie aussetzen musste und 9 Tage im Krankenhaus verbrachte. War es eine Lungenentzündung, eine Coronainfektion oder doch die Nebenwirkung der Chemo? Eine erneute Zeit der Unwissenheit, des Wartens und der Anspannung. Eine Zeit die Iris U. zu Tränen rührte und der Mut und Kraft sie verließen. Doch dann konnte sie Aufatmen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Behandlung mit Cortison brachte sie tatsächlich zum Atmen und es stellte sich heraus, dass diese Reaktion eine seltene Nebenwirkung von der Behandlung mit Paclitaxel war. Klarheit verschaffte auch klaren Atmen.

Nach diesem Schrecken und kurzer Erholzeit konnte Iris U. ihre Chemotherapie mit dem vorherigen Mittel beenden und war sogar einen Monat früher als gedacht mit der Behandlung fertig. Auch die anschließende Bestrahlung von 23 Terminen war nicht angenehm und die behandelte Brust hat es Iris U. zu spüren gegeben. Quark- und Teewickel waren eine große Rettung. Nach diesen Therapien konnte sie drei dicke Kreuze machen. Denn sie hatte es geschafft!

Wie einfach gelingt der Weg zurück in den Alltag?

Jetzt waren die Therapien vorüber und das Wort Alltag schlich sich in die Gedanken ein. Alltag? Wie sah mein Alltag aus? An den Gedanken von Alltag musste sich Iris U. erst einmal gewöhnen. Führt man nach einer Krebstherapie eigentlich den gleichen Alltag wie vor der Erkrankung? Iris U. merkte schnell, den gleichen Alltag kann man nicht führen. Die Kraft, Energie und Fitness waren während der Zeit auf der Strecke geblieben.

Die Anschlussheilbehandlung, hier in der Paracelsus Klinik am See in Bad Gandersheim soll helfen, um Stück für Stück den Körper und die eigene Fitness wieder aufzubauen. „Und das funktioniert hier hervorragend“, beschreibt sie glücklich und ergänzt: „Was mich die Erkrankung gelehrt hat, ist nicht nur, dass ich mit meinem Mann an meiner Seite, die beste Stütze habe, die ich mir vorstellen kann. Seine Anwesenheit und unser ehrlicher und offener Umgang miteinander tun mir unfassbar gut. Von Beginn an hatten WIR Krebs und haben UNSEREN Weg mit der Krankheitsbewältigung geschaffen. Sondern auch, dass der Austausch mit anderen, Freunden, Bekannten oder Mitpatienten sehr wichtig ist. An alle Betroffenen möchte ich sagen: zeigt keine Scheu und habt Mut. Über seine Krebserkrankung, Nebenwirkungen und Begleiterkrankungen kann und darf man sprechen. Nur so können wir das Thema enttabuisieren.“

Iris U. sieht für sich ein Licht am Ende des Tunnels. Das Licht ist nicht nur der Gedanke daran, den Krebs besiegt zu haben, sondern auch die geplante Schottlandreise im September.