10. Mai 2022 

„Tanz, als wäre es der letzte Tanz“

“Ich hab noch Leben” – Mit diesem authentischen Blog zum Thema Krebs, teilweise von Patientinnen und Patienten selbst aufgeschrieben, möchten wir Mut machen und verschiedene Wege zurück ins Leben aufzeigen. Denn eines haben wir von den Betroffenen gelernt: Das Leben ist immer lebenswert.

Diese Geschichte ist eine von vielen unserer onkologischen Patientinnen und Patienten. Weitere Geschichten haben wir hier im Menü für Sie verlinkt. Schauen Sie rein. Jede einzelne geht ans Herz!


Tanja Mensing, 51, Brustkrebs, Krebsdiagnose mitten im Lockdown, Rheinländerin und leidenschaftliche Erzieherin

Sommer 2020. „Ich konnte fühlen, dass da etwas nicht stimmt. Ich konnte den Knoten in meiner Brust ertasten.“ Was die 51-Jährige Tanja Mensing beschreibt, war ihre erste Begegnung mit dem Tumor, der alles verändernde Moment der Brustkrebsfrüherkennung, wie ihn viele Patientinnen durchleben. Ein ungutes Gefühl und Ungewissheit erfüllten Tanja Mensing. Doch ihre innere Stimme sagte ihr: Kein Grund zur Panik, erst einmal alles medizinisch abklären lassen. Nach Mammografie und Biopsie stand jedoch fest: Brustkrebs. Das erste Gefühl hatte also nicht getäuscht. Fassungslosigkeit? Trauer? Bei Tanja Mensing Fehlanzeige. Etwas hielt sie zurück. „Ich bin damals aus der Praxis raus, guckte meinem Mann fest in die Augen und sagte: Es ist Brustkrebs! Warum ich nicht geweint habe? Das kann ich mir bis heute nicht erklären. Womöglich hat sich da schon gezeigt, dass ich eine innere emotionale Stärke besitze, von der ich beim besten Willen nicht wusste, dass ich sie habe.“ Auch im Familien- und Freundeskreis bewies Tanja Mensing in dieser Zeit Stärke, während ihr Umfeld auf die Diagnose reflexartig traurig reagierte. Doch Tanjas innere Stärke wurde, wie sich später herausstellte, definitiv auf die Probe gestellt.

„Das hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet“

Falsche Einschätzungen, Streit über die Tumorgröße, Brustamputation. Was sich im Krankenhaus abspielte, durchlebte die Rheinländerin im Eilverfahren. „Der Tumor lässt sich mit einer Op entfernen“, so lautete die erste Aussage der Ärzte, an die sich die Rheinländerin erinnert. Nachdem allerdings im Krankenhaus über die Tumorgröße gestritten wurde, entschloss man sich kurzerhand, ein MRT durchzuführen, um auf Nummer sicher zu gehen. „Das hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet“, erklärt Tanja Mensing. „Denn dabei stellte man fest, dass der Tumor bereits Metastasen gebildet hatte, wovon im Vorfeld keiner ausgegangen war.“ Die Entscheidung am Tag der Op: Brustamputation. „Ok, ich gebe zu, an diesem Punkt angekommen, hat mich meine anfangs so beeindruckende innere Stärke für einen kurzen Moment verlassen. Warum? Ganz klar: ich war, trotz vieler Telefonate -Corona und dem Lockdown geschuldet – allein im Krankenhaus, allein auf meinem Zimmer, allein mit meinen Gedanken, allein mit den Entscheidungen.“ Nach einem Telefonat mit ihrem Mann stand Tanja Mensing am Fenster ihres Krankenhauszimmers. Festentschlossen, dem Krebs den Kampf anzusagen. Und Tanjas innere Stimme meldete sich zurück: „Als Untermieter ziehst Du bei mir nicht ein, Krebs. Das dulde ich nicht!“ Die Worte gaben ihr Kraft und sind bis heute, zur zweiten onkologischen Reha in Bad Gandersheim, im Kopf geblieben. Nach erfolgreicher Operation folgten Chemotherapie und Bestrahlung. Tanja Mensing zeigte, dass sie eine Kämpferin ist, obwohl die Nebenwirkungen der Chemo nicht ohne waren. In Erinnerung blieb ihr insbesondere der verlorene Geschmackssinn. „Man kann sich das so vorstellen: Voller Heißhunger beißt man in ein Stück Hähnchen und was schmeckt man? Papier“.

„Ich wollte unbedingt zurück“

Dank ihrer Familie und Freunde übersteht Tanja Mensing die Krebstherapie – eine besondere Phase in ihrem Leben. Auch jetzt noch ist sie dankbar und begeistert darüber, wie liebevoll und fürsorglich sich um sie gekümmert wurde. Zwei besondere Gegenstände wird sie wohl so schnell nicht verlegen: eine Tasse und eine Kuscheldecke, die sie aus ihrem Freundeskreis während der Chemo und Bestrahlung bekommen hat. Diese Phase hat ihr gezeigt, auf welche Freunde sie sich wirklich verlassen konnte und von welchen sie Abstand nehmen musste. Schlussendlich hat auch der Gedanke an die Rückkehr in ihren Job neue Kraft verliehen. Überglücklich konnte Tanja im April 2021 wieder in ihren Traumjob als Erzieherin in den Kindergarten zurückkehren. „Die Kinder, die Hektik, der Trubel – all das hat mir gefehlt und erfüllt mich. Daher wollte ich unbedingt wieder zurück in meinen Job.“ Und auch für die Zukunft stehen schon Ziele und Wünsche auf Tanjas Liste, wie die Arbeit mit einem eigenen Therapiehund oder eine Afrika-Reise.

Zum Schluss

Ein kleiner Tipp von Tanja Mensing, um über schlechte Phasen und Tage hinwegzukommen: „Lachen, ganz viel lachen und tanzen. Ich mache mir immer das Lied von Bosse Der letzte Tanz an. Dieses Lied erinnert mich nicht nur an eine besondere Zeit in meinem Leben, sondern gibt mir Kraft und baut mich jedes Mal wieder auf. Ich wünsche allen Krebspatienten, dass sie versuchen, positiv durch diese Diagnose zu gehen und ihr Leben trotzdem lieben. Denn wir haben nur dieses eine Leben und Krebs muss kein Todesurteil sein.“ In diesem Sinne: […] Also tanz, als wär’s der letzte Tanz, Als wär’s der letzte Tanz, […] Nix ist für immer, nix ist für immer, Einfach alles ist nur einmal.

Tanzen kann Wunder bewirken. Wie wirksam Tanztherapie bei Krebs sein kann und wie die Therapie in der Paracelsus Klinik Scheidegg umgesetzt wird, können Sie hier nachlesen.